Einer der großen Um-die-Ecke-Denker des französischen Comics, der die Grenzen des Mediums immer wieder neu auslotet, hat sein lang erwartetes, neues Werk herausgebracht.
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Adam sieht nichts mehr. Was ist los? Hören kann er zum Glück noch, aber wenn er etwas sagt, dann reagiert seine Umwelt nicht darauf. Nach und nach wird klar: Er liegt im Koma.
Das ist schon mal ein starkes Stück europäischer Comic*: Alle Panel der ersten zwanzig Seiten sind schwarz. Lediglich die Form der Sprechblasen unterscheidet sich und gibt nach und nach einen Hinweis darauf, wer da an Adams Krankenbett spricht. Hier trifft Arzt auf Schwester, Adams Frau stattet ihm Besuche ab und auch ein Polizist schaut vorbei.
Als der erwähnt, noch einmal an »Éclipse« gewesen zu sein, passiert etwas – Adam (und auch das Lesy) sieht ein erstes Bild. Schemenhaft und chaotisch. Dieses Bild taucht dann öfter auf, es wird schärfer und verändert sich und Adam kommt der Ursache für sein Koma so langsam auf die Spur.
Denkt er zumindest. Denn Marc-Antoine Mathieu wäre nicht er selbst, wenn die Geschichte nicht noch den einen oder anderen unerwarteten Haken schlagen würde. Und da ich ungern spoilere, höre ich jetzt auf mehr vom Plot zu erzählen.
Von medizinischen Fachbegriffen über ein globales Multiplayer-Game bis hin zur Panspermie-Theorie ist jedenfalls alles dabei. Wie Adam mit sachlich-nüchterner Logik versucht, seine Lage zu verstehen und ihr Herr zu werden, finde ich sympathisch. Umso herber fühlt man sich dann aber bei der einen oder anderen Wendung gebeutelt.
Klar ist am Ende nur eins: Adams Abenteuer fängt gerade erst an. Und vielleicht ist das, was erst einmal wie der GAU daherkommt, für ihn tatsächlich eher ein Happy End, äh, Beginning. Ich bin gespannt auf die Fortsetzung.
Oh, und wenn Ihr den Comic in unseren Regalen nicht gleich findet, gern nachfragen. Mit seinem komplett mattschwarzen Cover ist er einfach ein wenig zu gut getarnt.
*Vor vielen, vielen Jahren saß ich mal im Kino. »Dancer in the Dark« fing gerade an – die unter Euch, die den Film kennen, erinnern sich vielleicht, dass die ersten paar Minuten der Bildschirm schwarz bleibt, während die Filmmusik schoon läuft. Ein paar Leute sind tatsächlich g e g a n g e n. Und ein Herr hinter mir sagte herrlich süffisant zu seiner Begleitung: „Das ist großes europäisches Kino …“
Fun fact 2: Wie Christian Endres in seiner Rezension informiert, ist MAM wohl nicht der erste, der sich am Comic ohne Bilder versucht. Das gab es wohl vor ziemlich genau 40 Jahren schon einmal – nur als white out in einem Schneesturm. Wer Lust hat, kann sich das hier mal ansehen. Ich finde, da hat MAM schon noch ’ne Kelle draufgelegt.