Comic

Doppelgängeralarm: Acht Stunden in Berlin

Am Wochenende habe ich mal wieder etwas Warenkunde betrieben. Bislang habe ich einen riesigen weißen Fleck auf der Comic-Landkarte im Reich von Blake & Mortimer – das Erscheinen des neuen Hefts war also ein willkommener Anlass, um mich auch mal auf dieses Terrain vorzuwagen. Wenn er schon in Berlin spielt …

(c) Carlsen

Ural, 1963: Das Team einer archäologischen Ausgrabung findet einige unlängst achtlos begrabenen Männer ohne Gesichtshaut. Berlin, einige Tage zuvor: Ein Agent wird bei einem groß angelegten Fluchtversuch über die Mauer erschossen. Seine letzten Worte sind „Doppel… Doppelgänger…“ Und in London?

Dort kommt Blake nach einem anstrengenden Tag beim Geheimdienst zum Abendessen nach Hause. Mortimer packt gerade seine Koffer. Olga, eine alte Bekannte (und auch Flamme?) hat ihn eingeladen, ihr an der Ausgrabungsstätte im Ural Gesellschaft zu leisten. Der erste Kreis schließt sich und als Mortimer dort ankommt, nimmt eine verwobene Geschichte ihren Lauf.

Denn natürlich ist auch Blake in die Handlung involviert. Alle Fäden der Story treffen in Berlin zusammen, genauer am 26.06.1963 um 13:00 Uhr vor dem Rathaus Schöneberg. Dort hält – na, wer? – eine Rede, die Geschichte machte. Und mehr als das soll hier auch nicht gespoilert werden.

Dass die Handlungsstränge dieser klassisch erzählten und bebilderten Geschichte tatsächlich an ein historisches Ereignis anknüpfen, finde ich einen gelungenen Twist – auf den noch ein weiterer auf der letzten Seite folgt. Alles in allem eine runde Sache, die eine*n beim Lesen fordert. Der komplexe Plot ist mit vielen Personen bestückt und schlägt einige Haken und Ösen.

Gleichzeitig baut er so viel Spannung auf, dass man beim Schmökern gern dranbleibt und der Auflösung entgegenfiebert. Fetzt. Flott sind auch die englischen Einsprengsel, die Blake bzw. Mortimer immer mal wieder von sich geben – „Good heavens!“. Und das Gleiche gilt für das pedantisch-detaillierte Benennen sämtlicher Vehikel-Typen, in denen die Protagonisten so unterwegs sind – diese Schrulle lädt ja förmlich dazu ein, persifliert zu werden.

Ob Lewis Trondheim sich demnächst da mal dranmacht? Und warum wohnt Mortimer eigentlich bei Blake? Und trotzdem siezt man sich? Da war wohl noch nix mit Swinging Sixties… Vielleicht wäre ja doch Ralf König die bessere Wahl für eine Neuinterpretation.