Es war einmal eine Prinzessin, deren Haut war so weiß wie Schnee, ihre Haare glänzten schwarz wie Ebenholz und ihre Lippen waren rot wie Blut… so weit, so bekannt. Wir wissen es alle: Schneewittchen hatte es schwer. Denn ihre böse Stiefmutter wollte sie um jeden Preis loswerden.
Aber hat sich schon mal jemand gefragt, welche Beweggründe die Königin hatte? Ja – Serena Valentino präsentiert uns die andere Seite der Geschichte in einer Adaption mit zeitgeistig-psychologischem Twist, der die Opferrolle interessant umdeutet.
Die Graphic Novel setzt am Tag der (erneuten) Hochzeit des Königs ein. Schneewittchens zukünftige Stiefmutter ist die Tochter des verstorbenen Spiegelmachers. Sie ist wunderschön und ihrer noch kleinen Bonus-Tochter herzlich zugetan. Das wird sich auch in den nächsten Jahren nicht ändern. Kein Zickenkrieg und Schönheitsterror weit und breit! Wie schön. Doch dann…
… kippt die Friede-Freude-Eierkuchen-Welt. Der König glänzt die meiste Zeit mit Abwesenheit und überlässt seine Mädels sich selbst. So haben die drei Cousinen des Königs und der intrigante Spiegel (die wahre fiese Möpp in dieser Geschichte) freie Bahn. Sie verpassen der Königin eine Art Gehirnwäsche bis die schließlich nicht mehr so recht weiß, wer Freund und Feind ist. Also klammert sich an die einzige Konstante ihres Lebens: ihre Schönheit. Mehr sei hier aber nicht gespoilert. Das Ganze ist jedenfalls schlüssig und lässt einen ordentlich mitfiebern, ob die Königin nicht vielleicht doch noch die Kurve kriegt und aufhört, ihre Schutzbefohlene zu piesacken. Bzw. sie gleich ganz aus dem Weg zu räumen.
(c) Carlsen Comics
Die Grafik des Comics erinnert stark an Scherenschnitte, was gut zur Märchenhaftigkeit der Geschichte passt. Als Akzentfarbe dient ein quietschiges Granny-Smith-Grün. (Hätte das nicht auch ein Red-Delicious-Rot sein können? ;-)) Die reduzierte Einfarbigkeit hat – wie ich finde – eine interessante Wirkung. Sie gibt der Scherenschnitt-Optik eine reizvolle Tiefe, bringt aber nicht zu viel Aufregung hinein, so dass das alles noch angenehm abstrakt wird. Neben der grafischen Gestaltung ist auch der Text alles andere als gewöhnlich. Die Erzählstimme ist sehr rhythmisch, das gibt der Geschichte einen ganz eigenen Sound und einen guten Flow. Und es passt gut zu ihrer Märchenhaftigkeit.
Und noch eine kleine Anekdote aus der Übersetzungswerkstatt: In der englischen Version wird Snow White oft bei ihrem Kosenamen „Snow“ gerufen. Das hätte ich mir auch gut für die deutsche Version vorstellen können, schließlich handelt es sich um eine US-amerikanische Adaption des Grimmschen Märchens. Und dem deutschen Lesepublikum kann man schon zutrauen, das zu verstehen, oder? Doch die Redaktion hat anders entschieden und das klassische Schneewittchen gewählt, mit „Schneechen“ als Koseform. Das fand ich mutig, weil mehr als doppelt so lang! Aber sie haben an den Stellen, wo der Sprechblasenplatz wirklich zu knapp ist eine sehr elegante Lösung gefunden.
Am 7. September 2024 um 13 Uhr in unserer Kreuzberger Filiale in der
Zossener Strasse 33.
Anlass der Signierstunde unter der Markise sind folgende zwei Neuerscheinungen:
Der kleine Perry 2: Im Reich der 42 Welten von Olaf Brill, illustriert von Michael Vogt Carlsen Verlag ISBN: 978-3-551-79668-4 Preis: 18,00 € Erscheinungstermin Ende August 2024 „Perry, Thora und Gucky sind mit ihrer Kindercrew aufgebrochen, um fremde Welten zu erforschen und Abenteuer im Weltraum zu erleben. Im Wegasystem retten sie den kleinen Chaktor, dessen Raumschiff von bösen Monstern angegriffen wurde. Wer sind die geheimnisvollen Angreifer? Chaktor bringt die Kinder auf seinen Heimatplaneten zu den lebenslustigen Ferronen. Und dann ist da noch ein fremdartiges Wesen, das unseren kleinen Helden in seinem Raumschiff heimlich folgt – Perry Rhodan – der Science-Fiction-Klassiker erstmals für junge Leser*innen sowie Fans der Serie“ (CARLSEN Verlag GmbH, Völckersstraße 14 – 20, 22765 Hamburg)Terror 3000 von Bela Sobottke Gringo Comics ISBN: 9783946649540 Preis: 17,90 € bereits erschienen „Wir schreiben das Jahr 3000. Berlin ist einer der wenigen lebenswerten Orte, denn die Stadt steht nur teilweise unter Wasser und es wird selten wärmer als 48 °C. Die Logistik-Branche boomt und die Besten im Business sind Yun, Sam und Fin von »Space Parcel«. Doch leichtsinnigerweise nimmt Yun Aufträge der Mondsiedlung »Nibelungen« und der Tiefseekolonie »Mariane« an… In TERROR 3000 kombiniert Bela Sobottke Retro-Science-Fiction, Utopie, Dystopie und Splatter zu einem grellbunten, schrecklich-komischen Erlebnis.“ (PPM Comicvertrieb)
Janz schön heiß in der Stadt, oder? Es ist mal wieder Sommer in Berlin, auch im Groben Unfug. Am besten fährt, wer den Tag in seinem schattigen Zuhause verbringt und erst rausgeht, wenn abends die größte Hitze vorbei ist. Zum Zeitvertreib hat avant das neue Werk von Mikael Ross rausgebracht, dass dazu passt wie Arsch auf oder äh, besser… Füße im Wassereimer.
Die flott erzählte Graphic Novel hat mich mehrfach überrascht.
1. Sie spielt in in der Plattenbau-Ecke von LICHTENBERG und ist damit wahrscheinlich eine der ersten ihrer Art.
2. Die Hauptfiguren gehören zur vietnamesischen Community Ost-Berlins und
3. die Eröffnungsszene spielt auf dem Polenmarkt in HOHENWUTZEN. Exotische Settings, oder? Da kaufen Dennis und seine etwas jüngere Schwester Tâm ein.
Sie ergattert ein paar Inliner und schrammt beim Ausprobieren gleich mal ein Auto. Auf dessen Rückbank sitzt Hoa Binh, die den Zettel mit Tâms Kontaktdaten an sich nimmt. Sie will auch nach Lichtenberg, wo die Geschwister wohnen. Dort laufen sich die drei dann auch wieder über den Weg und es wird (etwas) klarer, wer Hoa Binh eigentlich ist.
Ach ja, und dann ist da noch die Sache mit dem Finger… den findet Alex, ein Mitschüler von Tâm, der auch in die Geschichte verwickelt wird. Aber den ganzen Plot lest mal schön selbst. Tâm mochte ich jedenfalls SOFORT, die ist einfach eine coole Socke. Und auch ihr Bruder Dennis ist nicht ohne, wenn auch eher von der stillen Sorte.
Er hört Metal, trägt Slayer-Shirts und die Haare lang. Und er hat ein Problem: Die taffe Ghettobraut Marina will was von ihm und baggert ihn auf Teufel komm raus an. Es ist ganz großes Kino, wie ihn das total überfordert. Und da er ein ziemlicher Softie ist, kriegt Marina – so viel sei gespoilert – auch ihren Willen und die beiden werden ein etwas ungewöhnliches Paar.
Ach ja, auch bei Tâm ist Love in the Air – in solchen Momenten gibt’s (wie auf dem Cover) immer ’n ordentlich rosaroten Farbakzent aufs Panel. Alles in allem ist Der verkehrte Himmel ein duffter und außergewöhnlicher Lichtenberg-Krimi. Genau das richtige für einen vertrödelten Sommernachmittag.
Cover Band 13erste Seite, achtet mal auf diese Hand
Ich will ehrlich sein, ich hab mir ne My Home Hero Pause genommen und bin gerade erst wieder eingestiegen. Ich weiß um die Raffinésse der Serie. Einfach lesen geht nicht gut. BOAR! Und erinnert ihr euch noch an meine Begeisterung, wegen der vielen Kniffe? …Naja, wenn ihr auf die Zusammenfassung der Guides geklickt, oder die Guides damals verfolgt habt wisst ihr ja Bescheid. Wir sind nun bei Band 13 angelangt, in Japan ist Ausgabe 24 aktuell bzw. erscheint Anfang Juli (nur mal so nebenbei).
Band 13, das ist auch das Thema hier und jetzt! BAND 13. BAND13! BAND DREIZEHN A U S R U F E Z E I C H E N
Bildaufbau der mit Erzählweise korrespondiertOH! Ne KnarreEin Auto im Wald, als hätten wir nicht schon genug Problemeund Vattern nur am Handy
Es schlich sich ein wie ein Ninja, ein Paradigmenwechsel! Und was für einer. Das Netz der Lügen ist nun das Netz des nackten Überlebens. Der Serie wurde bei uns vor Ort öfter vorgeworfen, dass da nur gelabert wird. Hier jetzt haste ÄKSCHN.
Die Serie heißt aber nicht My Home Action Hero, sondern My Home Hero. Die Action läuft anders, selbst für Seinen Manga noch einmal eine ganz eigene Action und Gewaltdarstellung. Allein die Hurtigkeit, die so viel in Szene setzt + diese widerlichen Charaktere ergeben das Gerüst, zusammengehalten wird alles mit interessanten Kniffen. Der Ideenreichtum ist schier grenzenlos, dass Höhepunkt für Höhepunkt erklommen wird. Und sagt mir jetzt nicht schon wieder, dass man das und das ja schon geahnt hat bla bla bla. Das glaub ich niemandem. Das ist die typische heiße Luft auf die gern gehört wird, und Serien wie My Home Hero dahin manövriert wo sie sich in den meisten Läden befinden. Regal da hinten irgendwo, oder gar nicht (bisschen Realtalk muss auch ma sein).
diese Pose ist quasi das Sinnbild der Serieund egal wie oft sie vorkommtes packt immer wieder
Ich stehe kurz davor der Serie ein Prädikat zuzusprechen, für das wichtige Kriterien erfüllt werden müssen und My Home Hero erfüllt genau diese. Zeichnerisch ist das durchweg erste Sahne, ich hab nie die Magazin VÖ. gesehn, könnte mir aber durchaus vorstellen, dass da für die Einzelbände noch viel Hand angelegt wurde. Erzählerisch ist das alles sehr watakushi shōsetsu geprägt. Ein gut gewählter Einfluss, denn Ratlosigkeit, Ängste aber auch positive Gefühle, werden dadurch freigestellt. Die Serie wird dadurch quasi packend. Im Dialog geben sich Hypertext und Überraschung Überraschung die Hand. Und auch hier, ein Ballett aus Zeitebenen, Emotionen und ausgetüftelter Charaktere.
Stilmittel Dialoge in Szene setzengut getarnt, die Schurken können froh sein, dass Manga meist schwarz weiß veröffentlicht werdenauch MacGyver Fans kommen wieder auf ihre Kosten, auch so ne Sache bei My Home Hero, Humor noch so als klitzekleines Flämmchen aufglimmen zu lassen, genial
Reicht das für Meisterwerk? NEIN!
Aber Familie Tosu hat einen Plan. Was ein Meisterwerk von einer guten oder sehr guten Serie abhebt, ist die Tatsache, dass eine solche Serie mittendrin plötzlich die Möglichkeit bietet einfach los zu lesen, egal ob man die ersten, oder alle Bände davor kennt oder nicht. Band 13 beinhaltet genau dieses Element! Man bekommt es sogar mit dem 100t Hammer serviert. Man muss sich eben nur trauen das zu tun, was niemand macht, ausser man kauft im Unfug ein, da werden ja oft experimentelle Leserezepte verteilt, alle Kassen und Privat. Mich juckt es übrigens in den Fingern noch mal neu zu starten, nur um zu checken, ob es vielleicht auch noch andere Bände vor Band 13 gibt, die ähnliche Möglichkeiten geben. Vorstellen kann ich es mir aber nicht, ich glaub wir sind genau in der Halbzeit, Band 13 ist meines Erachtens strategisch so gestaltet, damit irgendwo ein Doofi sitzt, der genau jetzt in diesem Augenblick in die Tasten haut.
wie konnte es nur dazu kommen schwingt in Band 13 deutlich mitund diese, schon fast Stopper ähnlichen Panel unterstreichen dasdazu ein Wechsel der Perspektive, großes Kino
Zum Abschluss noch so ein naaaah, nennen wir es Halbspoiler (guckt halt weg): Die aktuelle Dynamik des Manga, wird von einer Sekten Thematik begleitet. Die Darstellung der aktuellen Konfliktparteien ist so gruselig real, dass es mir eiskalt den Rücken runterläuft. Die Mangaka bilden schon in Sachen Yakuza ein sehr detailliertes Bild ab, aber mit den aktuellen Kapiteln wirkt es, als beschwören sie Ängste, große Ängste, Ängste die man nur verstehen kann, wenn Worte wie Kasumigaseki zum Wortschatz gehören. Was mir dabei sehr imponiert kann ich nur schwer ausdrücken, es wird sehr verantwortungsvoll inszeniert. Vielleicht kann ich das irgendwann einmal in Worte fassen.
Drecksäcke unter sichzip zip zip, wie im Film
Ach ja, mein Guide begann damals ja mit „Vorschusslorbeeren. GRRRR. Wie ich das hasse“
großartige Dazai Hommage, ich ahne was die Mangaka aufgesogen habenund da isse wieder, und ich hab kein schlechtes Gewissen, hab ja gesagt weggucken
Ich wurde nicht enttäuscht, im Gegenteil, sogar Band für Band überrascht und mitgenommen auf eine meiner größten Seinen Manga Dampferfahrten. My Home Hero – ein besonderes Gebilde. Spätestens wenn sich die Serie dem Ende entgegen neigt, werde ich diesen Guide vervollständigen.
Hier kommt das neue Werk von Jordi Lafebre, aus dessen Feder schon das (rückwärts erzählte) Trotz allem Liebe stammt. Und diese Geschichte schlägt aus der Art.
(c) Splitter Verlag
Denn deren Hauptfigur Eva ist… alles, außer gewöhnlich. Die junge unkonventionelle Frau arbeitet seit ein paar Jahren als Psychiaterin, muss nun aber selbst auf die Couch eines Supervisors. Es gab da die eine oder andere Beschwerde über sie. Und sie wird ihrem Ruf gerecht: Sie quarzt eine Zigarette nach der anderen, diverse Tattoos blitzen unter ihrer Kleidung hervor und ihre verbalen Täuschungsmanöver treiben Dr. Llull an den Rand des Wahnsinns.
Dabei erzählt sie ihm doch eigentlich nur, wie es ihr in der vergangenen Woche so ging. Doch da kommt so einiges zusammen: Eva wird in einen Mord verwickelt und ist schnell eine Hauptverdächtigen. Dass sie selbst versucht, den Fall aufzuklären ist dabei nicht unbedingt förderlich – doch die Stimmen in ihrem Kopf gäben ohnehin nicht eher Ruhe.
Die Übersetzung des Bandes war ein Riesenspaß. Denn nicht nur Evas schnodderig-lässiger Ton musste auf Deutsch „erfunden“ werden, sondern auch die entsprechenden Gegenstücke für ihre Großmutter und die beiden Tanten, die ihr bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit reinquatschen. Obwohl sie leicht durchgeknallt ist, ist mir die unkonventionelle Eva sehr schnell ans Herz gewachsen.
Ihre Geschichte schlägt Haken und Ösen und ist so spannend wie witzig. Denn Eva gelingt es immer wieder, sich in haarige Situationen hineinzumanövrieren. Ob sie aus diesen auch wieder herauskommt und es ihr gelingt, den Mörder am Ende zu entlarven, soll hier natürlich nicht gespoilert werden…
Chika ist ein ganz normales Mädchen. Das denkt sie zumindest – bis sie ihren ersten Freund hat. Der will nach ein paar Wochen mehr als nur Händchenhalten, aber das fühlt sich für Chika einfach nur falsch an. Sie setzt sich zur Wehr und er lässt sie fallen wie eine heiße Kartoffel.
(c) Hayabusa
War er vielleicht einfach nicht „der Richtige“? Auch der nächsten Freund ist ein Reinfall und Chika beschleicht immer mehr das Gefühl, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmt. Nach dem Abitur beginnt sie, Psychologie zu studieren. Sie lernt neue Freunde kennen, die sie so akzeptieren, wie sie ist. Bei ihnen ist sie kein „Alien“ und sie maßen sich keine Urteile über sie an. Dennoch bedrückt Chika ihr Anderssein und sie macht sich auf die Suche nach einer Antwort. Doch das ist gar nicht so einfach…
„Is Love the Answer“ taucht in die Erlebniswelt einer asexuellen jungen Frau ein und versucht, diese nachvollziehbar zu machen. Darüber, ob dies gelingt, maße ich mir jetzt mal kein Urteil an. Die Geschichte liest sich wie ein klassischer Shojo-Manga, ein paar mehr oder weniger glaubhafte Zufallsbegebenheiten inklusive.
Unabhängig davon ist die Figur Chika sympathisch und cute. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten lernt sie, für sich selbst einzustehen. Damit ist sie durchaus Rolemodel-Material. Für einen ersten Ausflug in das Thema Asexualität ist der Manga sicher ein guter Einstieg. Diesbezüglich schon vorgebildeten Menschen werden die Erklärbar-Ausführungen nur wenig Neues bieten. Doch als Coming-of-Age-Geschichte ist das allemal ein solides Stück Manga.
Wenn etwas Gutes unter dem Radar schwirrt, verkannt oder missverstanden wird, dann landet es bei uns ja meist in Backlist Gold. Was ist aber, wenn ein Meisterwerk eines Mangaka veröffentlicht wird? Dann weigere ich mich auf jeden Fall, diese VÖ in Backlist Gold aufzunehmen. So wie im Fall von Gō Nagais Devilman.
Was muss in der Ehapa Manga Redaktion vorgegangen sein, als sie das Projekt in Angriff genommen haben? Ich vermute, es begann mit der Suche nach dem passenden Format.
Volltreffer. Eine würdige Ausgabe! YEAH! Sich an der Japanischen Masterwork Ausgabe zu halten beschwört schon mal einen Geist. Diese Ausgabe Devilman fängt nicht auf Seite eins an, sie beginnt mit dem Cover und egal wie ich es drehe und wende. Anstatt einen goldenen Schriftzug zu verwenden, sondern weiße Spotlackierung zu wählen läßt ein wichtiges Element zu, die Ruhe vor dem Sturm.
Die Klappe vom Umschlag zu einer intelligenten Gebetsmühle umfunktioniert, die Erwähnung einer Manga Ikone und dem essentiellen Wissen im Vorwort, fühlt man sich schon fast wie ein Pilger auf Wallfahrt. Was die Veröffentlichung damals für Furore und Kontroverse ausgelöst haben muss, läßt sich bis hierhin nur erahnen…
…Bis man dann richtig richtig in den Band reingeht und das Spektakel geboten bekommt.
Ich muss mal kurz abschweifen
Der Auftakt verströmt eine leicht konservative Distinguiertheit, aber auch Internationalität und Exploration. Eine seltene Kombination! Kennt ihr dieses Gefühl beim Lesen, wenn man plötzlich immer wieder und wieder eine ganz andere Sache im Kopf hat, die nullkommanull mit dem zu tun hat was man gerade liest? Dieser erste Band begleitet mich wie eine Erzählung von Rei Nakanishi, einem großen Sohn der Rikkyō-Universität. Eine Freundin aus Tokyo studierte dort und lebt auch recht nah an der Uni. Wenn ich sie treffe, und mit ihr über Manga spreche, entwickelt sich in mir ziemlich zügig das gleiche Gefühl.
Vielleicht ist das auch gar nicht so sehr abgeschweift. Immerhin transportiert der Band ein Gefühl, dass sich durchaus auf die Übersetzung, die textliche Bearbeitung und redaktionelle Betreuung zurückführen läßt.
Auf jeden Fall, kann ich von mir sagen diverse Ausgaben Devilman zu kennen und gelesen zu haben. Alle waren bisher immer eher so meh. Es hat schlichtweg immer etwas gefehlt. So wie ein Puzzle bei dem zwar alle vorhanden sind, aber weder das Zusammensetzen noch das Abschließen bringen Befriedigung.
Na das hatten wir seit My Home Hero nicht mehr, mit Band 1 gleich ins Backlist Gold. Elusive Samurai hat es gepackt, wenn auch mit Startschwierigkeiten. Das könnte an der speziellen Dynamik liegen. Eine Erzählweise, die sich von anderen Manga abhebt, und leider auch in zwei Richtungen tendieren kann. Was wahrscheinlich auch der Grund ist, weswegen die Serie ein bisschen Rumpelstart hingelegt hat.
Elusive Samurai Band 1 Artwork 100 Bussies
Klartext, ich kenne jetzt doch mehr Leute als mir lieb ist, die die Serie anfangs gar nicht in die Hand genommen, und später quasi als Frustkauf ausprobiert haben. Nach kurzer Zeit, konnte man immer öfter (z.B. Instagram in den Stories) so etwas lesen wie…
„seltsame Serie“, „irgendwie überlese ich was“, „da scheint noch was zu stecken, was ich nicht erkenne“, oder „was passiert hier???“
irgendwo in den Sphären von Instagram
Au man ey, ich versuche das jetzt ganz ohne Spoiler, indem ich auf Inhalt nicht weiter eingehen werde, bis. auf. einen. Punkt! Dieser Punkt befindet sich auf Seite 1. PUNKT
Untergang 1333auf der ersten Seite wird nicht gefellentAH, und noch mehr Kapitel
Startet man in die Serie, beginnt man mit Kapitel 1, Untergang 1333. Einfach abgetan mit „spielt während der Kemmu-Restauration“ hinterläßt mehr Fragen als Antworten, was meines Erachtens dieses oben beschriebene Gefühl beim Lesen auslösen kann.
Und jetzt wird es kompliziert (Gott ey, wie oft ich das schon geschrieben hab). Die Epoche(n), die eine tragende Rolle in der Erzählung spielen sind so mit das interessanteste aber auch komplizierteste wo gibt!
Tatsächlich konnte ich mich erst jetztbeim Verfassen dieses Postsauf das Artwork konzentrieren
Ja, Kemmu-Restauration ist ein Übergang von Kamakura-Zeit zur Muromachi-Zeit, es ist aber auch die Zeit der Nord- und die Süd-Dynastie. Das zu verstehen ist die eine Sache. Das irgendwie sinnvoll und reich an Details, historisch aber vor allem verständlich wiederzugeben und zu erklären, inkl. den zwei Zeitrechnungen (oh ja, have fun Carlsen Manga Redaktion Person X, die das Glossar übernommen hat) übersteigt meine Fähigkeiten. Ich bin quasi wie ihr in ähnlicher Situation, wenn auch anders. Anstatt der Fragezeichen, trage ich Ausrufezeichen auf dem Kopf, das macht die Situation aber nicht einfacher.
ein Panelzwei Ansichtenmaaaan, und Artwork
Alle Fragezeichen noch da? Dann möchte ich euch noch eine Fokushilfe mit auf den Weg geben.
Betrachtet man die Serie als Kirschblüte, wird klar, dass die Kemmu-Restauration ein kurzer, intensiver Teil japanischer Geschichte darstellt. Im Gegensatz zu langen Perioden wirkt sie schon flüchtig, jedoch ohne eine Minderung.
Chris! Wollen Sie wirklich nach Nerima? Da leben nur perverse Faulpelze, minderjährige Prostituierte und Ninja!!! Die locken Sie in eine JK Honigfalle und schneiden ihnen die Eier ab!
HERZLICH WILLKOMMEN zu Backlist Gold – Under Ninja und Mooooomentchen, fangen wir am besten doch noch einmal von vorn an.
Under Ninja Stapel Under Ninja Band 1Under Ninja Band 7
Als vor einigen Jahren eine neue Hanazawa Serie angekündigt wurde, schlug nicht nur mein Herz höher, sondern auch das von Kai-Steffen. Ja, wir sind Fans, in guten wie in schlechten Zeiten. Wir lieben das Artwork, wir lieben die Erzählweise und wir schätzen den Aufbau der Charaktere. Gezeichnete Schöpfungen, die nicht selten innerhalb eines Kapitels vom Sympathieträger zum kriminellen Wüstling mutieren und man ihnen nur noch Knast oder eine andere sehr harte Strafe wünscht.
Lecker BierchenLecker KätzchenLeck.. äh nix nix
Phantastik gepaart mit Realismus. Grenzen gibt es keine, was aber auch knallhart negativ empfunden werden kann und somit einen Griff zu Hanazawa verweigern lässt. Das muss so sein. Ein Abbild mit Ecken und Kanten erzeugt einzigartige Reibung und Kontraste, ein gewonnener Sense of Gender Award spricht dafür.
veduta Hanazawa eh Streit unter KollegenRuhe
Zusätzlich sollte man sich bei Hanazawa auf eine zeichnerische Rastlosigkeit einstellen die ansteckt aber auch allzuoft Details überlesen läßt, denn gefühlt wird jedes Kapitel genutzt um (geheime) Botschaften zu vermitteln, die ausserhalb Japans schwierig zu verstehen sind. Das Repertoire reicht von sehr offensichtlichen Anmerkungen, über zwischen den Zeilen komplex, bis hin zu regional codiert.
Vielleicht sollte man am besten im Hinterkopf haben, dass Nerima der jüngste Bezirk Tokyos ist und scheinbar ähnlich mit einem Ruf zu kämpfen hat wie Stadtteile Berlins (und wahrscheinlich Stadtteile die man in jeder anderen Stadt finden kann). Mich würde im Fall Nerima jedoch sehr interessieren, ob das nur in meinem japanischen Freundes und Bekanntenkreis der Fall ist, oder ein allgemein etabliertes Vorurteil(?).
Bis auf einen Bekannten waren jedenfalls alle so gar nicht begeistert diesen Bezirk zu besuchen und auch nicht, dass ich dort hingehe. An diesem Tag gaben sich Angst und Scham die Hände und sorgten für so eine gaaaaanz komische Beklommenheit, die ähnlich wie das Sazae-san-Syndrom einen Raum vereinnahmt.
Ich bei der Ankunftschau mich ummuss dringend aufs Klo
ISCH MUSS RAUS UND DA HIN! Also ab nach Nerima. Kaum angekommen…YES…alles tatsächlich wie bei Under Ninja!
Schon zur Begrüßung wurde ich wie in Band 1 mit Fachbegriffen und Hintergrundwissen bombardiert um der wunderlichen Geschichte irgendwie folgen zu können. Die Realität sah tatsächlich auch so aus wie in der gezeichneten Fantasiewelt. Wo bin ich da nur reingerutscht, irgendwie ist nichts schön, aber irgendwie doch??? Ähnliches fühlt man, wenn man sich der Straßenfotografie hingibt und im Alltag das alltägliche sucht um es einzufangen. Schön ist das selten, nee doch, es ist immer irgendwie schön. Sorry, war irgendwie gerade so voll drin und die Rastlosigkeit hat mich gepackt. Für einen Textabsatz war ich Teil des Ganzen – ebenfalls ein wichtiger Aspekt, mit dem man klarkommen muss wenn man sich auf Hanazawa einlässt. Jetzt beim Schreiben über Hanazawa kommt mir auch gerade der Gedanke, dass es irre und schwer ist ein Hanazawa Werk zusammenzufassen. Unterm Strich bleibt bei all seinen Werken: Das glaubt mir doch kein Schwein was ich hier gerade in die Tasten haue. (Nebenbei bemerkt, diese Bedenken meiner Bekannten kann ich nicht bestätigen. Weder Nerima noch Itabashi (das liegt gleich daneben und war jetzt auch eher schwierig für meine Bekannten) sind Eierabschneidbezirke. Nerima empfand ich sogar neben meinem geliebten Nihonbashi sehr sehenswert, gerade für Leute, die ein bisschen anderes Tokyo sehen wollen.)
sorry, aberdas musste jetzt sein
Erzählt wird in Under Ninja wie eine Art Spiel, Kinder schnappen etwas auf, oder sehen etwas und steigern sich rein, bolzen in den Ferien von morgens bis abends, mein Beileid, wenn ihr das aus eurer Kindheit nicht kennt. In Under Ninja dreht sich dieses Spiel um …tja, NINJA (wer hätte es gedacht)! Es ist aber anders aufgebaut als ein Manga mit Grundsäulen System, bestehend aus Loyalität und kindlicher Pietät, wie es z.B. bei Hunter x Hunter der Fall ist.
General Douglas MacArthur, ich würde soweit gehen und sagen, dass er eine der prägendsten Persönlichkeiten der japanischen Nachkriegszeit bzw. Nachkriegsordnung darstellt
Als interessantes Detail zu Beginn der Geschichte empfinde ich übrigens den Auftritt von General Douglas MacArthur. Eigentlich eine Nebensache, die nur all zu leicht überlesen wird. Für andere ist es ein deutlicher Zeitstempel mit Tragweite um darzustellen, dass diese Geschichte mit der Kapitulation Japans einsetzt.
Anlaufvisierenääääääkschn
Ninja-Clans vom US-Militär offiziell aufgelöst, operieren weiterhin im Untergrund. Mit all dem geilen Zeugs was man sich als Kind immer vorgestellt hat; Tarnanzüge, Schwerter, versteckte Geheimwaffen, die so geheim sind, dass ich lieber kein weiteres Wort über Band 7 verlieren darf, meine Eier sind mir dafür einfach zu wichtig. Aber reicht da eine Geheimorganisation? NEIN! Es muss Paroli geboten werden, alte Struktur gegen aufbegehren einer neuen Macht. Es muss geschnetzelt und auf die Mütze gegeben werden.
Mini Kettensäge falls man mal wieder den Schlüssel verbummelt hat Spidey Abenteuerschnüffelfester BH
Ein entfesseltes Szenario. Kontrastdynamik und Absurditäten geben sich die Klinke in die Hand, es wird die Sprache der Straße gesprochen, gesoffen, geschimpft und sich einem Lebensstil hingegeben, den man als verrucht und vulgär bezeichnen kann. GEIL! Zum Glück sind meine Eier noch dran!
…er Bierchen 3davon haben schon viele Otaku gehörtselbst ist der Mann
Im Verlauf der Handlung werden die Charaktere in Hanazawa Manier immer mehr angepasst und ausgefeilter, obwohl man aber irgendwie auch immer nur Broken hingeworfen bekommt, bisschen wie in einer Trash Serie aus den 60er Jahren, aber auch sehr malerisch.
bester Kumpel auf zwei RädernBerlin Mitte Klamotten sind auch am Startund Katzen, KATZIES!!!
Als i Tüpfelchen wird jedoch auf den Aufbau eines Moe Charakters verzichtet und mehr Fokus auf Abstand gelegt. Ungewöhnlich für Hanazawa, passend aber zum ganzen Szenario und genauer drüber nachgedacht genial, wenn man bedenkt, dass der Kampf der Ninja Organisationen ebenfalls von Erneuerung der Strukturen handelt. (Ich lasse mich übrigens gern vom Gegenteil überzeugen, schreibt mir, wenn ihr einen Moe Charakter gefunden habt)
Lecker Bierchen 2vielleicht ist sie ja…man wird bestimmt noch sehen ob oder nicht
Aktuell ist die dt. VÖ. bei Band 7 angelangt, in Japan ist gerade Band 12 erschienen. Mit Band 7 wurde von Carlsen Manga auch mein bisher liebster Under Ninja Band veröffentlicht. Ich sehe den Band als Schlüsselband, da sich die Figuren nun auf dem Spielfeld gefestigt in ihren Bahnen bewegen und der Serie den Effekt verpassen:
Hier, guck ma. Was ist das? Under Ninja. Was.ist.das.?
wenn man gaaanz genau gucktkeine SpoilerBewegung
Das sieht schräg und extrem gut aus!
Und mit diesen Worten schließe ich auch das Backlist Gold Under Ninja und verbleibe mit freundlichen Grüßen inkl. nicht abgeschnittener Eier
Paris, in der nahen Zukunft. Na gut, so nah ist sie wohl nicht, denn in diesem Paris gibt es M.a.g.i.e. Die kommt meist in Form von Artefakten daher, die dem Besitzer flotte Frisuren zaubern oder ihn an andere Orte teleportiert. Die Zauberei-Gilde überwacht die Herstellung der Artefakte und die Anfertigung maßgeschneiderter Zauber für zahlungswillige Interessierte. Bis es zu einem großen Knall kommt, nach dem nichts mehr geht.
Große Teile von Paris sind zerstört und die Realität in diesen verstrahlten Zonen ist verzerrt. Sie zu betreten ist lebensgefährlich. Auch die noch verbliebenen Artefakte funktionieren nur unzuverlässig. Der Ex-Zauberer Adam schlägt sich als Betreiber eines Waschsalons durch und arbeitet als Informant der Polizei. Er trifft auf zwei seltsame Typen, die noch im Vollbesitz ihrer Kräfte zu sein scheinen. Wie kann das sein?
Und warum suchen sie das Teenagermädchen Line? Genau das fragt sich auch die toughe Polizistin Manon. Eher unfreiwillig verbündet sie sich mit Adam und geht der Sache auf den Grund. Trotz der etwas bunt-sperrigen Grafik entwickelt der Plot von IN MEMORIAM einen guten Drive. Die Motivation der einzelnen Figuren wird nach und nach enthüllt und ein vermeintliche Sidekick kann schon mal zum veritablen Gegenspieler mutieren. Auch das zeigt, dass die Kategorien Gut bzw. Böse alles andere als trennscharf sind.
Überhaupt wird erst nach und nach klar, wer hier alles auf welcher Seite mitmischt. Aber ich will ja nicht vorgreifen. Das Gedankenspiel der magischen Artefakte fand ich spannend und so ganz klar ist auch noch nicht, ob es sich wirklich um Zauberei handelt, oder vielmehr um eine geheime, sehr weit entwickelte Technik. Mein Favorit sind die Erweiterungen, die man sich für seine Wohnung dazumieten kann und die man dann durch magische Portale betritt. Nur zu dumm, wenn letztere dann nicht mehr funktionieren…